Ein schönes Projekt, nur mit welchem Inhalt?


An Vision und Mut fehlt es dem neuen Projekt um ein zweites Eisfeld gewiss nicht: Wer bereit ist, 20 Millionen in eine Trainingshalle und Stadionerweiterung zu verbauen, wird sich vermutlich auch nicht scheuen, mehr Mittel in das Produkt Sport der SCL Tigers und den Nachwuchs Young Tigers zu investieren? Eine nicht unkritische Hinterfragung zu einem beeindruckenden Eisfeld-Projekt, welches vermutlich noch manch einem hockeyverrückten Langnauer schlaflose Nächte bescheren könnte...


20 Mio für ein zweites Eisfeld ist enorm viel Geld, meiner Interpretation aus den Medienberichten nach, gibt es aber bereits dachsige Geldgeber, welche bereit sind ca. 80 % zu investieren? Da kann, ja darf man davon ausgehen, dass es sich hier um ein sehr tolles und modernes Projekt handelt, welches vermutlich so manchen Bauexperten und Inverstoren das Wasser im Maul zusammenfliessen lässt? Allerdings wage ich mich dennoch auf die Euphoriebremse zu drücken und kritisch zu betonen: Das ganze Projekt wird auch nur dann zum Erfolg, wenn auch im Bereich Sport und Nachwuchs entsprechend investiert wird: Eine schöne Verpackung macht "zu billige" Pralinen auch nicht besser, wie gerade in der aktuellen Zeit der Bescherungen vielleicht der einte oder andere Beschenkte bereits erfahren durfte. Ganzheitlich gesehen werden 20 Mio. mit diesem Projekt somit nicht reichen....


Die Schütteler von Basel und die Tiger aus Langnau kann man zwar nicht vergleichen...

...dennoch mache ich mal einen oberflächlichen Vergleich: Exakt 20 Millionen investierte die Stiftung Nachwuchs Campus Basel um Gigi Oeri in den Nachwuchscampus des FC Basel, einer Infrastruktur für die optimalsten Trainingsbedingungen des besten Fussballclubs der Schweiz.

Nachwuchs-Campus-Basel: Moderene Architektur vereint mit den optimalsten Trainingsbedingen für die Junioren.

Die Nachwuchsmannschaft von U14 bis U21 haben im 2013 eröffneten Nachwuchs-Campus FC Basel eine eigene Infrastruktur mit allem, was ein künftiger Fussballstar haben muss. Zudem sind vier Fussballplätze vorhanden, und eines der Felder ist mit elf Kameras für die Leistungsdiagnostik ausgerüstet, die nicht vielen Proficlubs in Europa zur Verfügung stehen. Rund drei Millionen Franken beträgt das Jahresbudget des Campus, welche u.a.10 Festangestellte beschäftigt, auch dieses Geld wird grossmehrheitlich von Gigi Oeri finanziert, die eine jährliche Zahlung von 2,6 Millionen zugesagt hat. Der FC Basel seinerseits hat keine finanzielle Verpflichtung der Stiftung gegenüber, mit einer Ausnahme: Wenn ein Spieler, der durch den Campus ging, einen Transfer macht, erhält die Stiftung Campus vom FCB einen kleinen, fixen Beitrag. Gigi Oeri stellt also die Betriebskosten der Infrastruktur quasi zur Verfügung, dazu stimmt die Qualität des Inhalts auch zur modernen und zukunftsträchtigen Verpackung: Der FC Basel war bereits vor dem Bau einer der besten Nachwuchsorganisationen im Land und ist auch sonst die klare Nr. 1 im Fussball! Fussballer wie Frei, Streller, Huggel, Shaqiri, Xhaka, Embolo etc. wurden im Nachwuchs des FCB ausgebildet.

Mein Vergleich soll primär die Verhältnismässigkeiten aufzeigen, denn Basel ist nicht Langnau und die Unterschiede sind eigentlich viel zu gross: Der FC Basel, der mächtige Ligakrösus des Fussballs vs. SCL Tigers, der klare Underdog des Eishockeys.  

Das ansprechende und mutige Projekt ist auch stark vom sportlichen Erfolg der Young Tigers und SCL Tigers abhängig

Und der Underdog aus der Eishockey NLA will nun die gleiche Zahl in eine Trainingshalle mit einer Stadionerweiterung investieren? Solange auch im Sport und Nachwuchs investiert wird, kein Problem und bei diesem Projekt würde ja auch die Zuschauerkapazität im Stadion erhöht. Und weil Langnau ein Kulturgut ist, liegt im Bereich Zuschauer (bei sportlichem Erfolg) noch viel Potential brach. Doch beim Nachwuchs und auch der ersten Mannschaft hinkt Langnau der Konkurrenz eher noch nach. Nicht nur wegen fehlendem Eis, sondern primär wegen fehlenden finanziellen Möglichkeiten, in die Qualität des Sports zu investieren. Dazu sind wir ein Club aus dem Armenhaus der Schweiz und es ist keine Selbstverständlichkeit, dürfen wir im Emmental NLA-Eishockey erleben. Doch Eishockey ist bei uns ein Kulturgut, so wie in Basel der Fussball.

Das 70-jährige Kulturgut des Emmentals: Unsere SCL Tigers, eine Investition die sich nicht nur gesellschafstpolitisch lohnt!

Mass und Ziel ist das beste Spiel

Peter Jakob, der Drahtzieher dieses Projekts , ist ein grosser Visionär des Emmentals und sicher Unternehmer genug, dieses Projekt, wenn es dann auch realisiert wird, zum Erfolg zu führen. Mache ich mir jetzt zu viele Sorgen? Umso mehr ich die Hintergründe ja nicht wirklich kenne? Es ist nicht meine Art blindlings zu Schulterklopfen, sondern ein Anliegen, sich mal über die Verhältnismässigkeiten zumindest Gedanken zum machen.

Schliesslich haben sich auch die Zeiten der Tigers, vorallem dank der tollen, sanierten Ilfishalle ja auch zum Positiven gewendet: Wer jährlich Millionengewinne schreibt und daraus 3-4 Mio. in das Stadionprojekt zahlen will( muss, kann), wird nicht darum herum kommen, in die Qualität der Mannschaft zu investieren. Doch um erfolgreicher zu spielen, braucht es mindestens ein ebenbürtiges Budget für die erste Mannschaft, im Vergleich mit der Konkurrenz. Der Abstand ist zu gross, so sind die SCL Tigers im Budget mindestens 1.5 Mio hinter den anderen NLA-Clubs klar abgeschlagen letzter der Liga.Wird Langnau auch bereit sein, kurz bis mittelfristig Sportlich budgetmässig an die Konkurrenz der Liga anzuschliessen? Weil mit der günstigsten Mannschaft der Liga und einer tollen, kostspieliegenden Infrastruktur im Tabellenkeller rumturnen, wäre im Vergleich etwa gleich, wie wenn das Frauenchörli Krumbach in der Berner Heiliggeistkirche ein Gospelkonzert zum besten geben würde. Bombastische Infrastruktur aber Magerkost im Innern? Sicher nicht in Langnau, gäuit!

 Mehr Jubelschreie statt Playoutgegränne: mit Investitionen in mehr Qualität der Mannschaft auch in Langnau möglich!
Grundsätzlich finde das Projekt sehr ansprechend und spannend, daraus kann im Emmental druchaus etwas Grosses wachsen! Sollte es zur Realisation kommen, würde ich als langjähriger, treuer Matchbesuchers aber davon ausgehen, dass gleichzeitig auch entsprechend in die Qualität des Sports und des Unternehmes SCL Tigers investiert würde. Natürlich braucht Langnau ein zweites Eisfeld und selbstverständlich auch deutlich mehr Kapazität bei den Zuschauer. Trotzdem appelliere ich als Fan und Matchbesucher, die Investitionen der sportlichen Ziele (NLA-Eishockey mit Playoffambitionen, Qualitätsverbesserung Nachwuchs) nicht zu vergessen und empfehle deshalb bei der Infrastruktur entsprechend Mass zu halten. Denn ein unbeschriebenes Gesetz schleckt auch kein Muni auf dem künftigen Viehplatz unter dem zweiten NHL-Eisfeld weg:  

Je erfolgreicher sich die SCL Tigers sportlich in der NLA und im Nachwuchs behaupten, umso grösser die Chance, dass sich das sehr mutige Projekt längerfristig auszahlen würde. Müsste im Sport allerdings deswegen gespart werden, wäre das Risiko von sportlichen (und finanziellen) Folgen ziemlich hoch zu bewerten....


Mänfu